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Kolumbien will durch mehr Freihandel Exporte antreiben
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Kolumbien will durch mehr Freihandel Exporte antreiben

Abkommen mit USA und EU dürften 2012 in Kraft treten / Förderprogramm soll Exporte verdreifachen / Von Peter Buerstedde

Bogotá (gtai) - Das Jahr 2012 dürfte für Kolumbien das Jahr der Freihandelsabkommen werden. Dann könnten sowohl ein Abkommen mit der EU als auch ein langerwartetes mit den USA in Kraft treten. Kolumbien treibt die Handelsliberalisierung voran und hat vor allem Asien im Visier. Für deutsche Unternehmen wird das Land durch die zahlreichen Abkommen als Distributions-Plattform für Südamerika immer interessanter. Gleichzeitig verstärkt sich der Wettbewerb auf dem kolumbianischen Markt. (Internetadressen)

In den vergangenen Jahren hat Kolumbien vor allem in der Region konsequent einen Pfad der Handelsliberalisierung beschritten. Derzeit hat das Land sieben Freihandelsabkommen mit insgesamt 14 Ländern, die in Kraft sind: darunter mit der Andengemeinschaft CAN (Peru, Ecuador und Bolivien), Mexiko, Chile, dem Mercosur (Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay), Zentralamerika (El Salvador, Honduras und Guatemala), der Schweiz und Kanada. Das Ziel der Regierung ist es, bis 2014 mit insgesamt 50 Ländern 13 Freihandelsabkommen in Kraft und damit Zugang zu 1,5 Mrd. Konsumenten zu haben. Mit der Ratifizierung des Freihandelsabkommens mit den USA am 12.10.2011 ist sie diesem Ziel ein gutes Stück näher gekommen.

Das Abkommen war bereits 2006 unterzeichnet worden. Vorbehalte im US-Kongress vor allem im Zusammenhang mit einer hohen Zahl an Morden von Gewerkschaftsführern sowie mit den wirtschaftlichen Auswirkungen des Abkommens hatten aber bis zuletzt eine Ratifizierung verhindert. In der derzeitig schwachen Wachstumsphase in den USA trat das Potenzial von Freihandelsabkommen Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze zu schaffen, in der öffentlichen Diskussion aber wieder in den Vordergrund. Gleichzeitig konnten die Bedenken der Gewerkschaften in den USA durch einen Aktionsplan teilweise ausgeräumt werden.

Vor dem Inkrafttreten des Abkommens müssen zahlreiche Gesetze angepasst werden. Dies dürfte etwa ein Jahr in Anspruch nehmen. Daher könnte der Vertrag mit den USA fast zeitgleich mit dem Abkommen mit der Europäischen Union (EU) im 2. Halbjahr 2012 in Kraft treten. Die Verhandlungen für das Freihandelsabkommen mit der EU wurden im Mai 2011 für beendet erklärt. Die EU war zuvor von ihrem bisherigen Ziel abgerückt, mit allen vier Staaten der Andengemeinschaft (Peru, Kolumbien, Ecuador und Bolivien) gemeinsam ein Assoziierungs-Abkommen mit den drei Säulen Politik, Handel und Entwicklungszusammenarbeit abzuschließen. An dessen Stelle trat ein weniger ambitioniertes Handelsabkommen. Lediglich Kolumbien und Peru erklärten sich aber zu der neuen Vorgehensweise bereit.

Das Freihandelsabkommen mit Kolumbien und Peru dürfte Anfang 2012 vom Ministerrat unterzeichnet und vom Europäischen Parlament (EP) noch im 1. Halbjahr ratifiziert werden. Falls der Ministerrat den Vertrag als gemischtes Abkommen (mit politischen und entwicklungspolitischen Elementen) ansieht und nicht als reines Handelsabkommen, muss das Abkommen auch in allen 27 EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden.

Damit erschöpft sich aber noch nicht der Liberalisierungseifer der kolumbianischen Regierung. Derzeit werden mit Korea (Rep.), Panama, der Türkei und Venezuela weitere Abkommen ausgehandelt. Außerdem strebt Bogota entsprechende Verträge mit Australien, den Golfstaaten, Japan, Russland, Costa Rica und der Dominikanischen Republik an. Bereits am 1.7.2011 trat ein Freihandelsabkommen mit den EFTA-Staaten Schweiz und Lichtenstein in Kraft. Mit Norwegen und Island warten die Abkommen nur noch auf die Ratifizierung in diesen Ländern.

Die Handelsliberalisierung soll neben einer stärkeren Standortwerbung und Exportförderung wie dem Ausbau der Freihandelszonen auch der kolumbianischen Industrie helfen, ihre Exporte innerhalb von 10 Jahre zu verdreifachen. Nach voraussichtlich 15,3 Mrd. US$ an Exporten aller Sektoren außerhalb des Erdöl- und Bergbausektors im Jahre 2011 erhofft sich die Regierung bis 2021 eine Steigerung auf 45,9 Mrd. US$. In einem gesonderten Förderprogramm der Regierung werden zwölf Sektoren auf den Export getrimmt. Sie sollen bereits 2014 eine Verdreifachung ihrer Ausfuhren erreichen. Damit will die kolumbianische Regierung auch die Abhängigkeit von Erdöl- und Kohleexporten verringern, die sich durch das starke Wachstum in diesen Sektoren für die kommenden Jahre abzeichnet.

Die ehrgeizigen Ziele der Regierung gehen einher mit hoffnungsvollen Prognosen der Auswirkungen der Freihandelsabkommen mit der EU und den USA. So erhofft sich die Regierung die schrittweise Schaffung von 380.000 neuen Arbeitsplätzen nach Inkrafttreten des Abkommens mit den USA sowie einen zusätzlichen Prozentpunkt Wachstum pro Jahr. Für das Freihandelsabkommen mit der EU erwartet deren Delegation in Bogotá ebenfalls einen Wachstumsschub von etwa einem Prozentpunkt zusätzlich pro Jahr durch stärkere Investitionen europäischer Firmen. Die Exporte in die EU sollen kurzfristig um 6% und langfristig um 8% zulegen.

Mit der Ratifizierung des Freihandelsabkommens mit den USA im US-Kongress am 12.10.2011 ist aber in Kolumbien wieder die Diskussion darüber entbrannt, ob das Land auf das Abkommen vorbereitet ist. Die Freihandelsabkommen mit den USA und der EU dürften vor allem den Wettbewerb in Kolumbien antreiben, da sich das Land für Importe weiter öffnet. Kolumbien wird bei Inkrafttreten des Abkommens mit der EU 65% der Warenpositionen Zollfreiheit gewähren. Innerhalb von fünf Jahren folgen weitere 20% und der Rest nach sieben bis zehn Jahren. Das Abkommen mit den USA sieht für 72% der Industriegüter bei Inkrafttreten Zollfreiheit vor. Dies gilt auch für einige Agrarerzeugnisse wie Früchte. Innerhalb von fünf Jahren folgen 8,7% der Industrieerzeugnisse wie Kosmetik und Körperpflegemittel. Nach zehn Jahren erhalten Farben und Lacke Zollfreiheit, Pharmazeutika nach 11 Jahren und Kunststoffe erst nach 15 Jahren.

Die direkte oder schrittweise Zollbefreiung bedeutet preiswertere Vorprodukte für die kolumbianische Industrie, die dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern kann. Allerdings heißt dies auch mehr Konkurrenz. Als mögliche Verlierer gelten daher etwa die Kfz-Industrie sowie Hersteller gewisser Agrarerzeugnisse wie Reis, Hühnerfleisch, Getreide und Milchprodukte, die aber zunächst für einige Jahre geschützt sind. Viele Industrien befürchten aufgrund des Produktivitätsrückstands und der schwachen Transportinfrastruktur in Kolumbien gegenüber US- und EU-Unternehmen nicht bestehen zu können. Die schrittweise Marktöffnung könnte aber dazu führen, dass dem Infrastrukturausbau endlich die notwendige Aufmerksamkeit gewährt wird.

Die drei lokalen Kfz-Montagewerke Colmotores (Chevrolet), Sofasa (Renault) und CCA (Mazda, Mitsubishi, Ford) erfreuen sich derzeit gegenüber den großen Kfz-Herstellerländern der Welt eines wirksamen Schutzwalls von 35% Importzoll für fertige Fahrzeuge und Zollfreiheit für Teile. Mit Inkrafttreten des Abkommens mit den USA wird der Importzoll auf Kfz aus den USA innerhalb von 10 Jahren schrittweise auf 0% absinken. Im Abkommen mit der EU sind hierfür nach Inkrafttreten 8 Jahre vorgesehen.

Der größte Hersteller Colmotores will 2011 und 2012 trotzdem 200 Mio. US$ investieren, um lokal Pressteile zu fertigen und die Produktion auszuweiten. Damit soll die lokale Wertschöpfung auf 40% ansteigen. Auch Sofasa plant die Produktion eines neuen Modells für den lateinamerikanischen Markt am Standort Kolumbien. Unklar ist, ob eine lokale Produktion längerfristig Sinn macht, vor allem wenn in einigen Jahren ein Freihandelsabkommen mit Korea (Rep.) hinzukommen sollte. Colmotores hat die Erweiterungsinvestitionen explizit von einer Herausnahme des Kfz-Sektors aus dem Abkommen mit Korea (Rep.) abhängig gemacht. Der zollfreie Zugang für mexikanische Kfz seit Jahresanfang 2011 hat als Vorgeschmack bereits zu einer starken Steigerung der Importe geführt. Im Gesamtjahr 2010 kamen 26.431 Kfz aus Mexiko nach Kolumbien. Im Zeitraum Januar bis August 2011 waren es bereits 31.384.

Kolumbianische Exporte können bereits heute zum großen Teil zollfrei in die USA und die EU exportiert werden. Allerdings erfolgt dies unter Präferenzregelungen. Im Falle der USA (Andean Trade Promotion and Drug Eradication Act, ATPDEA) mussten die Handelspräferenzen jährlich erneuert werden. Die Präferenzen der EU (Allgemeines Präferenzsystem) gelten noch bis 2015. Diejenigen des ATPDEA waren im Februar 2011 zunächst ausgelaufen. Allerdings wurden sie mit Rückzahlung der gezahlten Zölle im Oktober 2011 bis Ende Juli 2013 oder bis zum Inkrafttreten des Freihandelsabkommens verlängert. Die Freihandelsabkommen enthalten noch mehr Produkte als die Präferenzregelungen und geben den Unternehmen zusätzlich Planungssicherheit. Im Falle des EU-Abkommens können ab Inkrafttreten 99,9% der industriellen Waren zollfrei in die EU exportiert werden. Ähnlich hoch ist der Anteil im Falle der USA.

Profitieren dürften hiervon unter Anderem die Textilindustrie sowie der Blumen-, Früchte- und Gemüseanbau. Für kolumbianische Bananen wird die EU ihre Zölle langsam auf ein niedrigeres Niveau herunterschrauben als im Rahmen der WTO vereinbart worden ist, von derzeit 176 Euro pro Tonne auf 148 Euro bei Inkrafttreten und 75 Euro im Jahr 2020. Für Tabak erhält Kolumbien von den USA eine eigene Quote und damit exzellente Wachstumsaussichten für diesen Sektor.

Für europäische Hersteller birgt das Freihandelsabkommen gewisse Vorteile. Zwar werden mit dem US-Abkommen auch US-amerikanische Firmen, die Platzhirsche in vielen Sektoren in Kolumbien, in den Genuss des zollfreien Zugangs kommen. Zumindest dürften europäische Unternehmen aber gegenüber der Konkurrenz aus Ostasien besser dastehen.

Auch wird Kolumbien als Distributionsplattform für Lateinamerika durch die verbilligte Einfuhr von Vorprodukten immer attraktiver. Kühne + Nagel hat Anfang Oktober 2011 in Cartagena ein neues Lager mit zunächst 10.000 qm Fläche in Betrieb genommen, das als regionales Drehkreuz dienen soll. Siemens und Fresenius beliefern bereits von Kolumbien aus regionale und überregionale Märkte.

http://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Recht-Zoll/zoll,did=255704.html



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